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Der erste Film – Nervosität in 120 Minuten

·5 min

Mein erster selbst entwickelter Schwarzweißfilm – von der Wahl des Films bis zum letzten Tropfen im Netzmittelbad.

Ein überlagerter FP4 von meinem Vater – mit dem Handy gescannt, körnig wie Sandpapier. Aber hej: selbst entwickelt! Wer will da Perfektion?

Warum Schwarzweiß? Ganz ehrlich: weil es mir einfacher erschien. Schwarzweiß haben wir früher im Heizungskeller meines Vaters schon hinbekommen, und obwohl das inzwischen ein paar Jahrzehnte her ist, fühlte es sich wie der natürlichste Einstieg an. Warum mein Dad damals nie mit C-41 begonnen hat, weiß ich bis heute nicht – und kann ihn leider auch nicht mehr fragen. Vielleicht war es zu teuer, vielleicht zu kompliziert. Schwarzweiß dagegen war vertraut, greifbar, machbar.

Urbane Ruhe in Schwarzweiß – ein HP5+-Moment aus München.

Warum also gerade jetzt der Sprung zurück zur analogen Fotografie? Für mich hat sich das Fotografieren in den letzten Jahren zu etwas entwickelt, das deutlich mehr ist als nur ein Hobby. Es ist Ausgleich, Fokus, eine Möglichkeit, abzuschalten. Und je mehr Ruhe ich darin gefunden habe, desto stärker wurde der Wunsch nach Reduktion. Weniger Technik, weniger Menüs, weniger Perfektion. Stattdessen wieder Entscheidungen treffen, bewusst fotografieren. Und ja – ich wollte mir selbst beweisen, dass ich das Entwickeln heute noch hinbekomme.

Pentax MX, ME und das Wiederfinden alter Gewohnheiten #

Die Reise zurück begann mit einer Pentax MX, die ich mir über Kleinanzeigen geholt und selbst wieder instand gesetzt habe. Eine wunderbare Kamera – rein mechanisch, ehrliches „Klack“, großes Sucherbild. Nur hat sie sich für meinen fotografischen Alltag nicht ganz richtig angefühlt. Digital arbeite ich fast ausschließlich in der Blendenpriorität, und genau das fehlt der MX.

Die MX war der Einstieg, aber die ME Super fühlt sich an wie das Wiederfinden einer alten Gewohnheit.

Erstaunlicherweise hat sich später die Pentax ME und insbesondere die ME Super viel vertrauter angefühlt. Ich vermute, dass eine dieser beiden damals meine erste „echte“ Spiegelreflexkamera war. So oder so: Die MX war das Tor zurück ins Analoge, die ME Super fühlt sich nun an wie ein Wiedersehen aus der Kindheit.

Meine aktuelle Lieblingskombi: Ilford HP5+ im FX-39 II #

Mittlerweile habe ich meine Methode gefunden, und um den Leser nicht mit sämtlichen Testreihen zu langweilen, beschränke ich mich auf meine aktuelle Lieblingskombi: Ilford HP5+ entwickelt im Adox FX-39 II. Diese Kombination liefert mir zuverlässige Ergebnisse mit einem schönen, klassischen Look, der nicht künstlich wirkt und sich gut scannen lässt.

Der HP5+: 36 Chancen, nichts zu verhauen.

Vorbereitung: Das Wasserbad #

Zum Temperieren nutze ich eine Eurobox mit den Maßen etwa 30×40×30 cm. Die fülle ich ungefähr 20 Zentimeter hoch mit 20 °C kaltem Wasser. Dort hinein kommen alle Chemikalien sowie eine Flasche destilliertes Wasser für das Netzmittelbad.

Praktischer Tipp am Rande: Glasflaschen schwimmen nicht, selbst wenn sie fast leer sind. PET-Flaschen dagegen schon – und das nervt.

So kompakt kann ein Schwarzweiß-Labor sein – alles drin, was man für die ersten Filme braucht.

Bevor es losgeht, bereite ich alles in Ruhe vor: Messbecher, Trichter, Uhr, Kanister für verbrauchte Chemie, die Paterson-Dose und natürlich der eingespulte Film. Entwickler und Fixierer halte ich streng getrennt – unterschiedliche Messbecher, unterschiedliche Trichter.

Der Entwickler: FX-39 II 1+9 #

Für meine Paterson-Dose brauche ich 300 ml Gesamtvolumen. Also mische ich 30 ml FX-39 II mit 270 ml Wasser aus dem temperierten Wasserbad. Das Bodenseewasser ist angenehm weich und eignet sich gut dafür.

Der Fixierer wird einmal angesetzt und reicht für ungefähr zehn Filme. Auf die Flasche kommt ein Stück Malerkrepp, darauf führe ich eine Strichliste. Die Fixierzeit verlängert sich mit jeder Nutzung etwas – lieber etwas länger fixieren, überfixieren ist hier kein Problem.

Zum Schluss bereite ich noch ein Netzmittelbad vor: destilliertes Wasser und ein paar Tropfen Netzmittel, damit garantiert keine Kalkflecken zurückbleiben.

Der Ablauf – von der Dose zum Negativ #

Wenn sich alle Flüssigkeiten im Wasserbad auf 20 Grad eingependelt haben, kann es losgehen.

Vorwässern und Deckelsetzen #

Ich beginne mit etwa einer Minute Vorwässern. Währenddessen agitiere ich die Dose sanft und gleichmäßig – kein wildes Schütteln. Anschließend gieße ich das Wasser ab.

Jetzt kommt ein Punkt, der sich als extrem wichtig herausgestellt hat: der Deckel und das berühmte „Pfutzgen“.

Wenn die Paterson-Dose neu ist, ist der Deckel oft steif. Ich übe das Aufsetzen daher vorher ein paarmal. Beim Entwickeln setze ich den Deckel fest auf – und hebe ihn dann noch einmal ganz kurz an, sodass etwas Luft entweichen kann.

Wenn man ein leises „pfutzg“ hört, weiß man, dass die Luft raus ist und der Deckel richtig sitzt.

Warum das wichtig ist?

  • Kein Überdruck beim Aufsetzen
  • Keine spritzende Chemie bei der Agitation
  • Gleichmäßigerer Bewegungsablauf
  • Die Umgebung bleibt sauber

Im Schwäbischen sagt man: „Wenn’s pfutzgt, isch’r dicht.“

Entwickeln #

Der Entwickler wird zügig, aber nicht hektisch eingegossen. Dann kommt der Deckel drauf, und die Stoppuhr läuft.

  • erste Minute: durchgehend agitiert
  • Dose einmal hart aufstoßen
  • jede weitere Minute: 10 Sekunden Agitation
  • Gesamtzeit für HP5+: 12 Minuten

In der letzten Minute steht die Dose ruhig. Zehn Sekunden vor Ablauf gieße ich den Entwickler in einen alten Kanister – nicht in den Ausguss.

Stoppen #

Für das Stoppen verwende ich Wasser aus dem temperierten Vorrat. Dreimal füllen, jeweils etwa fünfmal kippen. Essig und Zitronensäure habe ich ausprobiert, aber die Zitronensäure führte zu hellen Punkten – Wasser funktioniert zuverlässig.

Fixieren #

Der Fixierer kommt hinein, eine Minute kontinuierlich agitiert, dann pro Minute 10 Sekunden. Danach zurück in die Flasche, Strichliste ergänzen. Ein Trichter mit Sieb verhindert, dass Silberpartikel Kratzer verursachen könnten.

Wässern: Die Ilford-Methode #

Effektiv, schnell und wassersparend:

  1. 600 ml einfüllen, 2× kippen → Wasser wechseln
  2. 4× kippen → wechseln
  3. 8× kippen → wechseln
  4. 16× kippen → wechseln
  5. 32× kippen → fertig

Netzmittel und Trocknen #

Nach dem letzten Abgießen kommt der Film für etwa eine Minute ins Netzmittelbad. Ein wenig rotieren reicht, kein Schaum. Dann hänge ich ihn in der Dusche zum Trocknen auf. Das Badezimmer ist staubarm; manchmal benetze ich die Wände zusätzlich mit Wasser.

AGFA APX 400 – frisch gewässert, noch tropfend, aber sauber durchentwickelt.

Ob man den Film abstreifen soll oder nicht, daran scheiden sich die Geister. Ich habe es mit den Fingern ausprobiert – funktioniert meistens, manchmal entstehen dennoch Wasserflecken.

Am Ende hängt der Film in der Dusche, und ich stehe davor wie früher im Heizungskeller: gespannt, ob alles geklappt hat. Und genau dieser Moment – dieses Warten, diese Mischung aus Nervosität und Vorfreude – ist wahrscheinlich der Grund, warum ich das alles wieder mache.